Und keiner hat's gemerkt
Wie (und warum) ich 100 Tage lang das gleiche Kleid getragen habe und es so gar niemandem aufgefallen ist
Die Geschichte beginnt irgendwann im letzten Sommer. Es war heiß und das letzte, an das irgendwer denken wollte, waren Klamotten. Trotzdem klickte ich damals auf einen Artikel, der irgendwas von 100 Tagen im gleichen Kleid versprach. In ihm beschrieb eine Frau, wie sie - Überraschung - das gleiche Kleid 100 Tage hintereinander getragen hatte. Sie sprach auch davon, wie es ihr Leben erleichtert hatte - und vermutlich deswegen sprach mich die Idee sofort an. Es handelte sich um ein Kleid der Marke wool&, die diese Challenge ins Leben gerufen hat: Wer es schafft und jeden Tag ein Bild davon macht, bekommt einen 100€-Gutschein für ihren Shop.
Jetzt muss man über mich vermutlich wissen, dass ich Challenges fast jeder Art liebe. Ich bin kein fashion victim, tue mich eher schwer mit Mode (ist einfach schwierig mit meiner Kombi aus Größe und Figur), aber trotzdem hat mich das Ganze genauer interessiert. Also habe ich das getan, was ich so gerne tue: ich habe recherchiert, mich informiert und Pläne geschmiedet.
Die Kleider von wool& sind zu einem großen Anteil aus tierfreundlich gewonnener Merino-Wolle, was eine ganze Reihe von Vorteilen hat. Sie sind angenehm zu tragen, helfen dem Körper, die Temperatur zu regulieren (sowohl bei Hitze als auch bei Kälte), werden nicht so schnell dreckig und nehmen auch nicht so schnell Gerüche an. Auch deswegen funktioniert die 100-Tage-Challenge, denn man muss das Kleid wirklich nicht so oft waschen wie andere Kleidungsstücke. Und wenn man es dann doch einmal in die Waschmaschine wirft, ist der Wollwaschgang auch noch ressourcensparend und das Kleid trocknet ohne Probleme über Nacht, selbst im Winter.
Also, gesagt, getan: Im Oktober dann bestellte ich mir auf der Europa-Seite von wool& ein Kleid, befand es für gut, zog es an - und quasi nicht mehr aus. Ich trug es im Endeffekt über 110 Tage (die zusätzlichen 12 oder so waren der Tatsache geschuldet, dass ich nicht mehr zu wissen schien, was ich sonst noch so tragen könnte) und wie der Titel schon verraten hat: Niemandem ist es aufgefallen.
Aber mir sind in den 100+ Tagen natürlich ein paar Dinge aufgefallen. Die ganz große Erkenntnis, dass fast fashion blöd ist und wir alle eigentlich viel weniger und dafür hochwertigere Kleidungsstücke brauchen, hatte ich schon lange davor, aber ich glaube, dass die 100-Tage-Challenge einem das noch einmal so richtig bewusst macht. Meine große Erkenntnis war dennoch eher, wie angenehm es ist, wenn man sich nicht jeden Tag Gedanken über ein komplettes Outfit machen muss. Das Kleid als Grundlage war wirklich eine Erleichterung. Alles drum herum und darüber (Cardigans, Gürtel, Schals…) kam dann wie ganz von selbst.
Ich hatte auch einige kleinere Erkenntnisse, z.B. dass ich problemlos Merino-Wolle tragen kann und das kein Vergleich zu den verhassten Schurwolle-Unterhemden meiner Kindheit ist. Ich habe auch gemerkt, dass ich auf meinem Weg, meinen individuellen Stil zu finden, noch nicht ganz am Ziel bin (oder vielleicht mit dem zunehmenden Alter noch einmal eine andere Abzweigung genommen habe). Außerdem wurde mir bewusst, dass ich meinen Kleiderschrank noch mehr leeren und “optimieren” möchte. Ein Prozess, der leider immer noch andauert. Gar nicht so einfach das alles. Immerhin werden neue Stücke jetzt immer auf Herz und Nieren und Kompatibilität zum Rest der Garderobe geprüft. Ist ja auch schon einmal ein Schritt.
Mein größter Aha-Moment war aber, als mir irgendwann klar wurde, dass kein Mensch merkt, dass ich die ganze Zeit das gleiche Kleid trage. Mir spielten da natürlich Herbst und Winter gut in die Karten (Schals, Cardigans, Pullis in unterschiedlichen Kombinationen, außerdem hatte ich 3-4 Gürtel in Rotation) und die Tatsache, dass das Kleid schwarz war, hat sicherlich auch geholfen. Dennoch: Anscheinend achten selbst die größten Kritiker*innen (meine pubertierenden Schüler*innen) gar nicht so genau darauf, was andere tragen. Oder nicht darauf, was ich als langweilige Lehrerin anhabe - das mag natürlich auch sein. So oder so hat mir das das nötige Selbstbewusstsein gegeben, meine Garderobe noch mehr zu reduzieren und auch öfter mal (hintereinander) das gleiche zu tragen.
So, und was ist jetzt mein ultimatives Fazit zu den 100 Tagen im gleichen Kleid? Wenn man ein Kleid findet, das gut als Grundlage für diverse Stylings taugt, das man gerne trägt und das vor allen Dingen pflegeleicht ist, dann ist es wirklich eine mentale Erleichterung sich nicht jeden Tag von Neuem überlegen zu müssen, was man anziehen möchte. Von den ganzen anderen Vorteilen (weniger Wäsche, besser für die Umwelt etc.pp.) ganz zu schweigen. Kurzum: Ich würde es immer wieder tun!
Du hast noch Fragen zum Kleid, zu den 100 Tagen, zu meiner Garderobe oder oder oder? Dann lass gerne einen Kommentar da! Du kannst gerne auch mal bei Instagram in meinem “100 Tage”-Highlight vorbeischauen. Da habe ich schon ein paar Fragen in Video-Form beantwortet und vor allen Dingen noch ein paar mehr Outfits gezeigt.
Tolle Idee und finde das sehr inspirierend in meiner eigenen andauernden Aufgabe meine Kleidung auszumisten :-D